Vorzeitiger Samenerguss – Interview auf SR3

Vorzeitiger Samenerguss – Interview auf SR3

Ejakulatio Praecox, zu Deutsch „vorzeitiger Samenerguss“ ist weit verbreitet. Ich bevorzuge die Bezeichnung „fehlende Erregungskontrolle“, aber letzten Endes ist es den Betroffenen weniger wichtig, wie es heißt.
In die Praxis kommen überwiegend junge Männer. Es betrifft aber auch Männer in den 30ern und 40ern, die sich deswegen an mich wenden. Gemeinsam ist allen Altersgruppen ein enormer Leidensdruck, der sich auf die komplette Stimmung niederschlägt.
Wenn man anfängt mit der Partnersexualität ist es tatsächlich ziemlich normal, noch wenig Gefühl für die Steuerung der sexuellen Erregung zu haben. Viele Männer lernen dann im Laufe ihrer Entwicklung, ihre Erregung zu steuern. Manche aber auch nicht. Ob es vom einzelnen Mann als lästiges Übel oder manifeste Störung erlebt wird, hängt von vielen Faktoren ab.
Ein wichtiger Faktor ist zum Beispiel unsere Vorstellung davon, was richtiger Sex ist.
In unserer Kultur ist richtiger Sex so gut wie festgelegt auf Geschlechtsverkehr mit beidseitigen Orgasmen. Diese Norm macht viel Leistungsdruck in den Köpfen und dann auch in den Betten.
Damit ist eine der Hauptursachen schon benannt: enormer Leistungsdruck. Erotik ist kein Spaß mehr, sondern Leistungssport. Mann muss durch ewig langen Geschlechtsverkehr in wechselnden Stellungen die Frau zu mehrfachen Orgasmen bringen, um dann nach getaner Arbeit auf der letzten Welle der Partnerin mit dem eigenen Orgasmus mitzusurfen.
Das schafft eine Menge Druck in Form von Gedanken und Gefühlen, der die Aufmerksamkeit festlegt auf das richtige Funktionieren – und nicht mehr auf Genuss und Erregung.
Als weitere Ursache ist häufig eine Kombination aus gut trainierten Körpern mit wenig Körperwahrnehmung zu finden. Ein „typischer“ Kunde ist muskulös und gut durchtrainiert. Das ist ja in keinster Weise etwas schlimmes, führt aber zu Druck in Form von hoher Muskelspannung, im ganzen Körper und eben auch im Becken.
Wir haben dann also hohe Muskelspannung plus enormen Leistungsdruck, dann braucht es nur noch wenig Druck durch sexuelle Erregung und die ganze Anspannung muss abgeladen werden. Da kommt so ein Orgasmus gerade recht – leider ohne jegliche Kontrolle.
Die Strategie der Wahl zur Änderung des Ablaufs ist einerseits die Körperwahrnehmung zu verbessern, um mit der Erregung spielen zu können. Andererseits geht es darum den Leistungsdruck raus zu nehmen, um genussvollere Ziele zu entwickeln. Über diesen doppelten Zugang, also über den Körper und über den Kopf, ist es möglich, aus dem Problem wieder ein Phänomen zu machen, mit dem man umgehen kann.

Der Link zur Sendung: SR 3 – Die schönste Nebensache der Welt

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